Eastman: Evil Nigger / Gay Guerrilla (Live) Kai Schumacher, Patricia Martin, Mirela Zhulali & Benedikt Ter Braak

Album info

Album-Release:
2020

HRA-Release:
28.08.2020

Label: Neue Meister

Genre: Classical

Subgenre: Instrumental

Artist: Kai Schumacher, Patricia Martin, Mirela Zhulali & Benedikt Ter Braak

Composer: Julius Eastman (1940-1990)

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FLAC 96 $ 14.90
  • 1 Evil Nigger (Live) 21:01
  • 2 Gay Guerrilla (Live) 29:10
  • Total Runtime 50:11

Info for Eastman: Evil Nigger / Gay Guerrilla (Live)

Er war definitiv keiner, der sich anpasste. Aber einer, der dafür umso mehr zu sagen hatte. Der 1940 geborene amerikanische Komponist Julius Eastman eckte immer wieder an. Er war ein homosexueller Afroamerikaner und ging mit seinen Wurzeln und seiner Sexualität sehr selbstbewusst um, was sich in Titeln wie „Evil Nigger“ oder „Gay Guerilla“ widerspiegelt. Dabei ist Integrität und ein klares, aufrichtiges Anerkennen seiner Identität für Eastman der Kern seiner idealistischen Botschaft.

Seine Musik lässt sich wohl am ehesten unter dem Label Minimal Music einordnen, auch wenn sie sich doch sehr von Komponisten wie Philip Glass oder Steve Reich unterscheidet. Die Musik von Eastman ist in vielerlei Hinsicht radikal, was auf seinen persönlichen Background zurückzuführen ist: Mit seiner sehr konfrontativen Art war er nie wirklich ein Teil des zeitgenössischen Musik-Establishments. In den 1980er Jahren in New York hatte er zudem noch mit einem ernsthaften Drogenproblem zu kämpfen, so dass die Polizei seine Wohnung sogar zwangsräumte und sämtliche Besitztümer einfach auf die Straße warf. Dabei gingen unglücklicherweise auch viele seiner Kompositionen verloren. Eastman lebte in den letzten Jahren seines Lebens wortwörtlich auf der Straße und starb 1990 weitgehend unbeachtet von Öffentlichkeit und Kollegen in einem Krankenhaus in Buffalo.

Bis heute hat seine Musik nichts von ihrer Unangepasstheit, ihrer Kraft und ihrer Botschaft verloren. Deshalb haben sich die vier zeitgenössischen Pianist*innen Patricia Martin, Mirela Zhulali, Benedikt ter Braak und Kai Schumacher zusammengetan und am 31. Mai 2020 auf dem Moers-Festival die beiden Stücke „Evil Nigger“ und „Gay Guerilla“ an vier Flügeln interpretiert. Die Aufnahme des Konzerts wird nun als Album bei Neue Meister erscheinen.

Julius Eastman selbst hat vor der Uraufführung von „Evil Nigger“ und „Gay Guerilla“ gesagt:„And what I mean by niggers is that thing which is fundamental. That person or thing that obtains to a basicness, a fundamentalness and eschews that thing what is superficial or, what can we say, elegant. So a Nigger for me is that kind of thing which obtains himself or herself to the ground of anything. […] Guerilla is someone who is in any case sacrificing his life for a point of view and, you know, if there is a cause, and if it is a great cause, those who belong to that cause will sacrifice their blood, because without blood there is no cause. So therefore that is the reason that I use Gay Guerilla, in the hopes that I might be one if called upon to be one.“ (Eastmans mündliche Einführung zum Konzert an der Northwestern University am 16.1.1980)

Durch dieses Zitat wird auch deutlich, dass Eastmans Guerillakampf für künstlerische Integrität und menschliche „Basicness“ eine scharf formulierte Ablehnung der konservativen Elite der Neuen Musik beinhaltete, bei welcher er in den 80er Jahre immer wieder aneckte. Sein Musik lässt dem Interpreten maximalen Freiraum. „Gay Guerilla“ beispielsweise, das zum Glück für die Nachwelt rekonstruiert werden konnte, ist original für vier Klaviere komponiert, also für eine recht ungewöhnliche Besetzung und damit für einen Pianisten per se schonmal interessantes Repertoire. Zudem folgt es aber auch noch einer sehr simplen wie auch genialen Struktur, die Eastman selbst als „organisches Prinzip“ bezeichnete. Das bedeutet ganz vereinfacht gesagt, das jeder neue Abschnitt des Stücks das gesamte Material des vorherigen Abschnitts übernimmt und dann einen neuen Aspekt hinzufügt. Und dieses Material, die sogenannten Patterns, bestehen aus dem kleinstmöglichen Einzelteil, nämlich einer einzigen Note, die immer und immer wieder stoisch wiederholt wird, so dass sich dann ganz langsam wie in Zeitlupe Akkorde und Harmonien zu einer drone-artigen Klangfläche herausbilden.

Kai Schumacher, einer der vier Pianist*innen, die die Eastman-Stücke „Evil Nigger“ und „Gay Guerilla“ auf dem Moers-Festival aufgeführt haben, formuliert seine Faszination für das Spielen des Stücks so: „Was mich am Stück aus Interpretensicht am meisten begeistert, ist diese fast völlige Gestaltungsfreiheit, die man innerhalb der Struktur hat. Eastman hat nämlich die Partitur nicht von vorne bis hinten ausnotiert, sondern er bietet den Spielern eine gewisse Anzahl von Patterns an, zwischen denen man nach Belieben hin und herspringen kann. Je nachdem, wofür die Spieler sich entscheiden, entstehen ganz unterschiedliche Gesamtklänge und man bekommt fast den Eindruck einer Improvisation. Das Stück wird also in keiner Aufführung jemals gleich klingen. Und aus dieser persönlichen Freiheit, die jeder einzelne hat, kommt man auf was ganz Fundamentales des Musikmachens zurück, nämlich das einander Zuhören, auf den anderen reagieren und die Möglichkeit zu haben, gemeinsam in diesem Moment auf der Bühne etwas Neues zu erschaffen.“

Die Einzigartigkeit dieses Moments gemeinsamen Musizierens der vier Pianist*innen Patricia Martin, Mirela Zhulali, Benedikt ter Braak und Kai Schumacher ist auf dem Album festgehalten. Ein zeitgenössischer Klangrausch und eine Hommage an den Komponisten, dessen Werke minimal in der Form, aber maximal im Effekt waren, der ein Leben mit minimalem Besitz und unerhörtem Benehmen führte.

Kai Schumacher, Klavier
Patricia Martin, Klavier
Benedikt ter Braak, Klavier
Mirela Zhulali, Klavier




Kai Schumacher
Der erste Klavierunterricht mit fünf, der erste öffentliche Auftritt mit sieben, das Orchester-Debut (mit Schostakowitschs 2.Klavierkonzert) mit fünfzehn Jahren. Auf den ersten Blick die klassischen Jugendjahre eines klassischen Wunderkinds. Aber irgendetwas war anders. Kein Drill, keine Klaviermaschinenproduktion, kein Jugend-Musiziert-Wahnsinn. Das Klavier war im Sinne des Wortes ein Spielzeug und kein Sportgerät, die Musik eine Leidenschaft und keine Disziplin. Nach dem Abitur wurde Kai Schumacher an der Folkwang-Hochschule Essen aufgenommen – auch wenn er bis dato mehr Punkrock- als Sinfoniekonzerte besucht hatte. Dort wurde er 2007 mit dem Folkwang Klavier-Sonderpreis ausgezeichnet sowie im selben Jahr Preisträger der Köhler-Osbahr Stiftung. Sein Studium bei Prof. Till Engel schloss er im Jahr 2009 mit dem Konzertexamen mit Auszeichnung ab, weitere musikalische Einflusse erhielt er darüber hinaus in Amsterdam bei dem amerikanischen Pianisten Guy Livingston sowie kammermusikalisch bei Prof. Andreas Reiner.

Ein Schwerpunkt in Kai Schumachers Solo-Repertoire liegt dabei auf zeitgenössischer amerikanischer Klaviermusik, neben diversen Uraufführungen und europäischen Erstauffuhrungen arbeitet er auch eng mit zahlreichen Komponisten der jungeren Generation zusammen, so z.B. in seinem Projekt „Darling, I'm indeed useless to you – 12 Variations without Amanda Palmer“ (UA Januar 2009): zwolf Komponisten - vom Jazz bis zur Avantgarde - haben hierfür je eine Variation über ein von Kai Schumacher komponiertes Thema geschrieben. Den traditionellen Mechanismen der pianistischen Nachwuchszucht ging Kai Schumacher dabei immer aus dem Weg. Da auf Wettbewerben immer irgendjemand die Chopin Etuden schneller und das Tschaikowsky-Konzert lauter spielt, sucht er stattdessen lieber einen anderen, eigenen Weg um seine musikalischen Vorstellungen zu vermitteln. In Kooperationen mit den Duisburger Philharmonikern, SWR2 oder der Villa Musica Rheinland-Pfalz erprobte er neue Formen der Konzert-Präsentation, mixt klassische und zeitgenössische Klaviermusik mit Rockmusik oder elektronischen Sounds, ohne dabei in ausgetretenen Crossover-Pfaden stecken zu bleiben. Doch Kai Schumacher ist auf der Buhne nicht nur als einzelkämpfender Verfechter der Moderne unterwegs, sondern konzertiert auch regelmaßig als Solist mit Orchestern und arbeitet als Keyboarder, Produzent und Arrangeur fur verschiedene Rock- und Popbands. Konzertreisen führten ihn nach Polen, Bulgarien, Türkei, Litauen, England, Frankreich, Belgien, Holland, Israel, Palästina und Sudkorea.

Fur sein CD-Debut wagte sich Kai Schumacher im Jahr 2009 an einen Meilenstein der modernen Klavierliteratur: „The people united will never be defeated“ von Frederic Rzewski, einem abendfüllenden Variationszyklus über das chilenische Revolutionslied „El pueblo unido jamas sera vencido“ - und erntete damit begeisterte Kritiken. Für seine aktuelle CD „Transcriptions“ (Intuition Records) begibt er sich auf eine persönliche Zeitreise durch die 1990er Jahre und arrangiert die Helden seiner Jugend – Megadeth, Rage against the machine, Nirvana, The Prodigy u.a. - für sein Instrument. Oder moderner formuliert: er betreibt exzessives analoges Remixing. Mal wird der Konzertflügel hier zum vier Quadratmeter großen Klangungeheuer, mechanischen Effektgerät oder präpariertem Schlagzeug, mal kratzt Schumacher so lange an der Testosteron-Hülle, bis sogar bei einer Band wie „Slayer“ nur noch ein lyrischer Kern übrig bleibt.

Patricia Martin
Geboren in Midland, Michigan / USA, studierte Patricia Martin Musikpädagogik und Klavier, Kammermusik und Liedbegleitung am Albion College, Michigan und der Northwestern University Chicago, Illinois. Nach einem Studienjahr am Mozarteum in Salzburg folgten Engagements als Korrepetitorin und Dirigentin am Internationalen Opernstudio Zürich und an den Bühnen der Landeshauptstadt Kiel. Sie war in den USA und Europa bei zahlreichen Meisterkursen tätig. Ab 1987 war sie Dirigentin bei den Hamburger Musical-Produktionen „Cats“ und „Phantom der Oper“ und ist seit 1992 an der Essener Folkwang Hochschule Professorin für das Fach „Musikalische Einstudierung und Leitung im Musical“.

Neben ihrer Lehrtätigkeit arbeitet sie als freischaffende musikalische Leiterin und Dirigentin (u.a „Blues Brothers“ bei den Gandersheimer Domfestspielen, „Heiße Zeiten“ für die Konzertdirektion Landgraf) und leitete die deutschsprachigen Erstaufführungen unter anderem von „Merrily we roll along“ und „Songs for a new world“. Darüber hinaus ist sie eine gefragte Pianistin, Begleiterin und Arrangeurin verschiedener Ensembles sowie zahlreicher bekannter Jazz-, Pop-, und Musical-Interpreten. Nach „Closer than ever“ übernimmt Patricia Martin in dieser Spielzeit am MiR die Leitung des Musicals „Spring Awakening“.

Benedikt ter Braak
(1986 in Arnsberg) studierte 2007-2015 Klavier an der Folkwang-Universität der Künste bei Prof. Till Engel. Vor Antritt seines Master Studiums Professional Performance, welches er im Sommer 2015 mit 1,0 abschloss, absolvierte er 2013 ein Auslandssemester an der Brandon University (Kanada) bei Alexander Tselyakov und Michael Kim.

Während des Studiums errang ter Braak zahlreiche Wettbewerbserfolge, das Exzellenzstipendium der Folkwang Universität 2010 sowie den Folkwang-Preis für Pianisten 2012.

Ter Braak war jahrelang Stipendiat von Live-Music-Now e.V., sowie Stipendiat der Köhler-Osbahr-Stiftung 2014. Konzerttätigkeiten u.a. in der Mercatorhalle Duisburg, mehrfach im Rahmen des Klavierfestivals Rhein-Ruhr, des Ars-Longa Musikfestivals Moskau, der Donaueschinger Musiktage oder der Lorne-Watson Hall in Kanada prägten seinen bisherigen künstlerischen Werdegang.

Benedikt ter Braak legt seit jeher ein außergewöhnlich breitgefächertes künstlerisches Schaffen zu Tage. Parallel zur klassischen Ausbildung absolvierte er an der Glenn-Buschmann-Jazz-Akademie Dortmund eine Jazz-Klavierausbildung bei Hans Wanning und Uwe Plath und erspielte sich erste Preise bei „Jugend Jazzt“. 2013 fuhr ter Braak als Stipendiat für das interdisziplinäre Jahresprojekt „Mythos.Moderne.Morgen“ nach Montepulciano.

Seit 2010 studierte Benedikt ter Braak an der Folkwang Universität Integrative Komposition bei Günter Steinke (Instrumentalkomposition) und Stefan Hüfner (Pop-Komposition) und schloss sein Studium 2013 mit dem Diplom in Musikpädagogik ab. 2015 machte er außerdem seinen Master im Fach Klavier. Beim internationalen Musik Wettbewerb „Don Vincento Vitti“ 2011 wurde seine Komposition „more_productive“ mit dem zweiten Preis ausgezeichnet. Mit der Elektropop-Band „Tesla Mode“ brachte ter Braak 2014 das Album „New Elephant“ im Eigenverlag des ICEM (Institute für Computer und Elektronische Medien) heraus und im selben Jahr gewann das aus einer Kooperation mit Ruth Hengel und Beyli D. Wilson entstandene Kurzhörspiel „Trial – eine erfundene Dokumentation über das Scheitern“ den dritten Preis beim internationalen Hörspielwettbewerb „Track 5“ von ORF.

Seine Kompositionen wurden unter anderem im Deutschlandradio Kultur, im ORF Österreich, am ZKM Karlsruhe und auf dem NYCEMF Festival in New York gespielt.

Seit 2015 ist Benedikt ter Braak im Duo mit Karl Degenhardt als Improvisationskünstler aktiv, wo er Klavier und Synthesizer spielt. 2015 initialisierte und organisierte Benedikt ter Braak die Konzertreihe „Matinee im Grünen“, welche mit dem Konzept, verschiedenste Musik in Privatgärten aufzuführen, äußerst positive Resonanz erntete. Die Konzertreihe soll jährlich im Sauerländischen Langscheid weitergeführt werden.

Mirela Zhulali
Obwohl ich aus einer musikalischen Familie komme, habe ich nicht sehr früh angefangen Klavier zu spielen. Alles begann, als mein Cousin seinen ersten Klavierunterricht bekam. Da war ich zwölf Jahre alt und war immer hilflos, als ich versuchte auf seinem Klavier zu spielen. Es faszinierte mich sehr und ich wollte es unbedingt lernen. So habe ich meine Eltern gefragt, ob sie für mich nach einem Lehrer suchen könnten. Mein Vater war glücklich, dass ich mich dafür entschieden hatte. Klavier als Hobby sei toll, meinte er. Da wusste er nur noch nicht, dass es bald mein Beruf werden sollte. Ich hatte sehr viel Glück, dass meine Eltern und meine Klavierlehrerin mich sehr motiviert und unterstützt hatten, weiter zu machen und dass es nicht nur ein Hobby blieb.

Ich bin 2011 nach Deutschland gekommen und habe an der Folkwang Universität der Künste mit meinem Bachelor im Fach "Instrumental-Pädagogik" angefangen, um danach in den Masterstudiengängen "Professional Performance" und "Liedbegleitung" sowie "Neue Musik" zu studieren....



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