Officium Novum Jan Garbarek & The Hilliard Ensemble
Album info
Album-Release:
2010
HRA-Release:
19.11.2013
Album including Album cover Booklet (PDF)
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- 1 Ov zarmanali 04:11
- 2 Svjete tihij 04:15
- 3 Allting finns 04:19
- 4 Litany - Otche nash - Dostoino est 13:07
- 5 Surb surb 06:40
- 6 Most Holy Mother of God 04:34
- 7 Tres morillas m’enamoran 03:32
- 8 Sirt im sasani 04:06
- 9 Hays hark nviranats ukhti 06:26
- 10 Alleluia. Nativitas 05:19
- 11 We Are the Stars 04:19
- 12 Nur ein Weniges noch 00:19
Info for Officium Novum
Seit Jan Garbarek und das Hilliard Ensemble 1993 musikalisch zusammengefunden haben, hat ihr gemeinsames Musizieren immer wieder zu überraschenden, höchst innovativen Wendungen geführt. Das bahnbrechende Album „Officium“, mit Garbareks Saxophon als frei gestaltender „fünfter Stimme“ des Ensembles, vermittelte gleich einen starken Eindruck von der musikalischen Vielseitigkeit und emotionalen Kraft dieser Verbindung. Mit ihrem 1998 erschienenen Doppelalbum „Mnemosyne“ schrieben sie die Geschichte fort und erweiterten das Renaissance-Repertoire durch Werke alter wie auch neuer Musik.
Nun, nach einem weiteren Jahrzehnt gemeinsamer Erfahrungen, gibt es ein drittes Album von Garbarek/Hilliard, das wie seine herausragenden Vorgänger im österreichischen Kloster St. Gerold von Manfred Eicher als Produzenten aufgenommen wurde. Treffend betitelt, steht „Officium Novum“ für musikalische Kontinuität, aber auch für den Aufbruch in neue Gefilde. Dem Geist von „Occident/Orient“ folgend, richtet das Album den Blick ostwärts, nimmt Armenien ins Visier und fokussiert sich auf die Kompositionen und Bearbeitungen von Komitas. Die Hilliards haben Komitas’ Werke, die in mittelalterlicher Kirchenmusik und der bardischen Tradition des Kaukasus wurzeln, bei ihren Besuchen in Armenien studiert, und Garbarek inspirieren die Stimmungen der Musik zu besonders intensivem Spiel. Auf der Reise durch Zeitalter und Länder haben die Musiker eine erstaunliche Vielfalt von Kompositionen zusammengetragen: „Officium Novum“ macht Station in Eriwan und Byzanz, in Russland, Frankreich und Spanien – und alles fügt sich ein in den dramaturgischen Fluss des Albums, weil die einzelnen Werke in einen größeren kompositorischen Rahmen eingebunden sind.
„Hays hark nviranats ukhti“ und „Surb, surb“ gehören zur Göttlichen Liturgie der Heiligen Messe, die Komitas Vardapet (1869-1935) zu verschiedenen Gelegenheiten und für unterschiedliche Ensembles arrangierte. Die hier zu hörenden Versionen basieren auf den 1914/15 in Konstantinopel entstandenen Fassungen für Männerstimmen. „Hays hark nviranats ukhti“ ist ein traditionell zu Beginn der Messe, während das Weihrauchfass geschwenkt wird, gesungener Hymnus. „Surb, surb“ (Heilig, heilig) entspricht dem „Sanctus“ der Lateinischen Messe.
„Ov zarmanali“ ist ein Choral zur Taufe Christi (Sonntag nach Epiphanias), der nach der Segnung des Wassers gesungen wird, und „Sirt im sasani“ ein Hymnus des „Votnlva“ (der rituellen Fußwaschung am Gründonnerstag). Diese Werke von Komitas stammen aus der Zeit zwischen 1910 und 1915, doch ihre Ursprünge reichen bis in die Antike zurück. Als Musikethnologe und progressiver Komponist/Philosoph zeigte Komitas nicht nur, dass sich die armenische Kirchenmusik aus der Volksmusik entwickelt hatte, sondern verwendete ganz bewusst volksmusikalische Stile, um daraus eine neue Kunstmusik für seine Epoche zu schaffen.
Auch andere Werke im „Officium Novum“-Programm überbrücken Jahrhunderte; in der konzentrierten Annäherung des Garbarek/Hilliard-Ensembles fließen mittelalterliche und zeitgenössische Musik zu einem charakteristischen Gruppenklang zusammen. Jan Garbarek steuert zwei Kompositionen bei. „Allting finns“ ist eine Vertonung des Gedichts „Den Döde“ (Der Tote) des Schweden Pär Lagerkvist (1891-1974), während „We are the stars“, zuletzt gehört auf Garbareks Album „Rites“, auf einem Gedicht der nordamerikanischen Pasamaquoddy-Indianer basiert.
Längstes Stück ist das dreizehnminütige „Litany“, das spirituelle und musikalische Einflüsse schöpferisch zusammenführt: Dem aus der altorthodoxen Tradition stammenden „Otche Nash“ ist ein Fragment der „Litanei' von Nikolai N. Kedrow vorangestellt. Kedrow (1871-1940) war ein Schüler Rimsky-Korsakows, Mitbegründer des Kedrow-Quartetts, eines unter Leitung von Sergei Diaghilew konzertierenden Vokalensembles, und Urheber zahlreicher Kompositionen und Liedarrangements, die ihren Weg in das Repertoire orthodoxer Chöre gefunden haben.
Arvo Pärts „Most Holy Mother of God“, 2003 für das Hilliard Ensemble geschrieben, ist hier in makelloser A-capella-Klarheit zu hören. Die Hilliards haben überzeugend für Pärts Musik geworben und sind im Gegenzug von der Schlichtheit seiner Kompositionskunst sicher nicht unberührt geblieben.
Das byzantinische „Svete tihij“ (Freudenreiches Licht), komponiert im dritten Jahrhundert, gehört zu den ältesten Chorälen des Christentums und begleitete einst den Einzug der Priester in die Kirche sowie das Entzünden der Abendlampe bei Sonnenuntergang. Das spanische „Tres morillas“ aus dem „Cancionero de Palacio“ des 16. Jahrhunderts verbreitet eine andere Art von Licht und untermalt mit seinem tänzerischen Rhythmus die Geschichte einer verlorenen Liebe.
Perotins „Alleluia. Nativitas“ ist die Neufassung eines Stückes, das bereits auf „Mnemosyne“ enthalten war – die Freiheit der Interpretation belegt, wie sehr das Projekt als Ganzes seit seinen Anfängen in der ECM New Series gewachsen ist.
Was das Saxophon betrifft, bietet sich ihm aus improvisatorischer Sicht auch hier ein außergewöhnlich klarer, unverstellter Kontext, der reichlich Gelegenheit gibt, Jan Garbareks Kreativität zu erleben. Garbarek nähert sich der Musik immer noch frei, er improvisiert mit den Solisten, setzt irrlichternde Kontrapunkte, webt mit am Vokalgeflecht, spinnt Fäden weiter und wirkt so mit an einem erneuten Beweis dafür, was der englische Evening Standard einmal „mit die schönste akustische Musik, die je gemacht wurde“ genannt hat.
Das Album endet mit George Seferis’ Gedicht „Nur ein weniges noch“ aus dem 1935 entstandenen Zyklus „Mythistorema“, gelesen von Bruno Ganz, das bereits auf dem ECM-Album „Wenn Wasser wäre“ mit Gedichten von T.S. Eliot und Seferis zu hören war.
Das Kollektiv Hilliard/Garbarek schürft weiterhin nach verborgenen Schätzen. In einer Zeit, in der musikalische Allianzen häufig kurzlebig oder spekulativ sind, kann ECM mit „Officium Novum“ die CD-Produktion einer „working band“ vorlegen, die nach 17 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit immer noch an- und miteinander wächst.
„Eine kaum erwartete Klangskulptur voller improvisatorischer Momente. Die Menschen brauchen diese Art von Musik.“ (Reinhard Köchl, Jazzthetik)
„Die Kompositionen sind, obwohl zeitlich und geographisch weit von einander entfernt, durch geistige Kraftlinien miteinander verbunden und können dank eines speziellen, perfekt ausbalancierten Raumklangs ihre auratische Wirkung ungebrochen entfalten.“ (Max Nyffeler, Frankfurter Allgemeine Zeitung)
Jan Garbarek, soprano and tenor saxophones
The Hilliard Ensemble:
David James, countertenor
Rogers Covey-Crump, tenor
Steven Harrold, tenor
Gordon Jones, baritone
Seit Jan Garbarek und das Hilliard Ensemble auf Anregung von Manfred Eicher 1993 musikalisch zusammengefunden haben, hat ihr gemeinsames Musizieren immer wieder zu überraschenden, höchst innovativen Wendungen geführt. Das bahnbrechende Album „Officium“, mit Garbareks Saxophon als frei gestaltender „fünfter Stimme“ des Ensembles, vermittelte gleich einen starken Eindruck von der musikalischen Vielseitigkeit und emotionalen Kraft dieser Verbindung. Mit ihrem 1998 erschienenen Doppelalbum „Mnemosyne“ schrieben sie die Geschichte fort und erweiterten das Repertoire mittelalterlicher Vokalpolyphonie auch durch Werke zeitgenössischer Komponisten.
Jan Garbarek wurde am 4. März 1947 im norwegischen Mysen geboren. Unter dem Eindruck des damals aktuellen John Coltrane Quartetts, dessen Musik er im Radio gehörte hatte, griff der 14jährige Teenager zum Saxofon und begann, sich zunächst autodidaktisch anhand eines Lehrbuchs mit dem Instrument vertraut zu machen. Nach der Schule studierte er in Oslo Philosophie und trat bereits 1964 in kleinen Gruppen mit den Sängerin Karin Krog und dem Schlagzeuger Jon Christensen auf. Eine Begegnung mit dem Komponisten und Bandleader George Russell beim Molde Jazz Festival 1965 führte dazu, dass er nicht nur bei ihm Unterricht bekam, sondern in den folgenden Jahren auch bei verschiedenen seiner Projekte als Solist in Erscheinung trat ('Othello Ballet Suite', 1967; 'Electronic Sonata', 1969).
Das Hilliard Ensemble ist ein britisches Vokalensemble. Es wurde 1974 gegründet und hat sich nach dem englischen Miniaturenmaler Nicholas Hilliard benannt. Schon bald galt es als eines der besten Vokalensembles seiner Zeit.
Die vier Sänger haben sich auf Musik konzentriert, die vor 1600 geschrieben wurde; sie singen aber auch Stücke moderner Komponisten, wie Arvo Pärt, John Cage, Gavin Bryars, Giya Kancheli, Heinz Holliger und Rupert Gottfried Frieberger.
1994 veröffentlichte das Hilliard Ensemble mit großen kommerziellen Erfolg das zusammen mit Jan Garbarek aufgenommene Album Officium, auf dem Garbarek als „fünfte Stimme“ Saxophon-Improvisationen über mittelalterliche Motetten spielt. Auch im Rahmen einer Konzerttournee wurde dieses Projekt der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Projekt wurde 1999 mit dem zwei CDs umfassenden Album Mnemosyne und 2010 mit dem Album Officium Novum fortgesetzt.
Booklet for Officium Novum