Album Info

Album Veröffentlichung:
2022

HRA-Veröffentlichung:
30.09.2022

Das Album enthält Albumcover Booklet (PDF)

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Formate & Preise

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FLAC 96 $ 13,20
  • 1 I Loves You Porgy 03:52
  • 2 Willow's Song 04:20
  • 3 Hauntology 03:17
  • 4 Hand of God 05:14
  • 5 Ghosts 02:52
  • 6 Monsters Never Breathe 03:37
  • 7 Erlkönig 02:45
  • 8 In a Sentimental Mood 03:32
  • 9 She Moved Through the Fair 03:33
  • 10 Beat the Drum Slowly 04:31
  • Total Runtime 37:33

Info zu Ghosts

„Als Improvisator spielt man oft nicht die Kompositionen, sondern vielmehr seine eigenen Erinnerungen an diese. Und diese Erinnerungen kommen im Moment des Spielens wieder zu einem zurück und setzen so ihre Existenz im Hier und Jetzt fort“, sagt Michael Wollny. Man könnte auch sagen: Songs sind wie Geister. Das Album „Ghosts“ ist eine Zusammenkunft einiger dieser Geister, die Wollny regelmäßig heimsuchen. Und wie immer bei Wollny reicht deren Spanne von Klassikern wie Franz Schuberts „Erlkönig“ über Jazz-Standards, Filmmusik, brüchige Lieder eines Nick Cave oder der Band Timber Timbre bis zu dunkel schillernden Eigenkompositionen.

Neben seinem Faible fürs Schaurige und Fantastische spielt für Wollny dabei auch der Begriff der „Hauntology“ eine übergeordnete Rolle. Ein Begriff, der seit geraumer Zeit in der Debatte um jene Popmusik herumspukt, die mit geisterhaften Klängen Erinnerungen an längst Vergangenes, Vergessenes und Gespenstisches weckt.Wollny: „Diese Perspektive, diese Klänge und nicht zuletzt der Begriff an sich haben mich in den letzten Monaten enorm interessiert - bis hin zu der Idee, ein Klaviertrio-Album zu produzieren, das sich mit dem Thema beschäftigt.“ Ein Geister-Album also, das sich in die Tiefen von bewussten und unbewussten Erinnerungen wagt und in Geschichten stöbert, die in der Vergangenheit entstanden und Schatten auf die Gegenwart werfen. Und von freundlichen Geistern erzählt, die uns umgeben, aber auch von bösen Gespenstern, von denen wir meinten, sie würden nie wieder zurückkehren.

Die Besetzung von „Ghosts“ knüpft an die des Albums „Weltentraum“ an, welches man heute als einen Klassiker in Wollnys Diskographie bezeichnen kann und das seinen Ruf als einen Künstler festigte, „der aus jeder nur erdenklichen Musik, ein Erlebnis macht, das einem den Atem nimmt“ (Die Zeit). Mit dem US-amerikanischen Bassist Tim Lefebvre, der schon der Musik von David Bowie, Wayne Krantz oder Elvis Costello seinen ganz speziellen Sound und Vibe verlieh, begab sich Wollny zuletzt auf das Abenteuer des international vielbeachteten Projektes „XXXX“. Wollny sagt: „Wenn man mit Tim arbeitet, arbeitet man nicht nur mit einem der weltbesten Bassisten - Tim steht immer mit einem Fuß in der Welt des Soundprocessing und erweitert fortwährend sein elektronisches Instrumentarium. Darüber hinaus schafft er eine große musikalische und klangliche Klarheit und diese hat einen unglaublich ordnenden Effekt auf die gesamte Musik, ohne dass sie einen jemals einschränken würde.“

Mit Schlagzeuger Eric Schaefer spielt Wollny seit fast 20 Jahren zusammen. Wie Lefebvre ist auch dieser ein Original, ein Musiker mit einem ganz eigenen, fast schon orchestralen Ansatz, unverkennbaren Groove und beeindruckender Individualität. „Diese spezielle Konstellation macht einfach etwas mit uns dreien und hat einen gewichtigen Effekt“,so Wollny. „Nicht zuletzt verbindet uns eine lange gemeinsame Zeit und ein spezifischer Sound im Trio, den wir jetzt in eine ganz neue Richtung weiterentwickeln.“ Das Trio erzeugt auf „Ghosts“ ein Klangbild, der besonders in der Tradition der Welt des „Southern Gothic“ steht: Tief, erdig, voller schwingender, rasselnd tief gestimmter Saiten und Felle, in Reminiszenz an halbkaputte Gitarren-Amps, verzerrte Lautsprecher-Membranen, an Schwüle, Staub, Schwere.

Vor den eigentlichen Aufnahmen zu „Ghosts“ stand noch ein weiteres Trio, bestehend aus Michael Wollny und den beiden Co-Produzenten Andreas Brandis und Guy Sternberg. Brandis, auch schon stark in das Konzept von „XXXX“ involviert, brachte die Idee eines Song-Albums und den passenden personellen Rahmen auf den Tisch. Und Sternberg, mit dem Wollny u.a. schon für sein stark von Sound und Studioarbeit geprägtes Album „Wunderkammer“ zusammenarbeitete, schuf als Toningenieur den Klang, der den Ausgangspunkt bilden sollte. Wollny: „Noch bevor die Setlist für das Album feststand, hatte ich einen ganz klaren Sound im Kopf, den wir vorab ausgiebig mit Guy und Andreas diskutiert haben.“ Die Hall-Fahnen, ätherischen Synthesizer-Sounds, lange klingenden Becken, Trommeln und Saiten bilden dabei den stimmungsvollen musikalischen Bühnenraum für das Trio im neuen Gewand. Manchmal stehen nur noch die akustischen und elektronischen Echos und überhängenden Sounds im Raum und entwickeln ihr eigenes, geisterhaftes Leben, vom ursprünglichen Klangimpuls entkoppelt - manchmal spuken sie kaum hörbar unter der Oberfläche.

Eines haben alle Tracks des Albums gemeinsam: Sie sind Momentaufnahmen im Leben der einzelnen Songs. Wollny: „Gerade im Jazz gibt es nicht die eine, definitive Version eines Stückes. Speziell Standards suchen einen im besten Sinne des Wortes immer wieder heim, sind nie fertig und tauchen immer wieder auf.“ Und so beziehen sich Wollny, Lefebvre und Schaefer bei den Klassikern „I Loves You Porgy“ und „In a Sentimental Mood“ nicht primär auf die ursprünglichen Kompositionen, sondern vor allem auf den Nachhall der Versionen von Nina Simone und John Coltrane/ Duke Ellington. Noch älter als in Jazzstandards sind die Geister, die Folk Songs bevölkern und immer wieder erscheinen, wenn diese Songs gesungen werden. Wie im traditionellen, irischen Volkslied „She Moved Through the Fair“, das beinahe prototypisch zeigt, dass alle Ghost Stories zu einem großen Teil auch immer Love Stories sind. Ganz ähnlich wie der „Willow’s Song“ - ein verführerisches und gefährliches Liebeslied aus dem legendären Soundtrack für den Kino-Thriller „Wicker Man“, einem so merkwürdigen wie erschreckenden Klassiker des nordischen Grusel-Genres. Ebenfalls Folk-Horror und naturbezogen: Ein aufwühlendes Arrangement von Franz Schuberts „Erlkönig“. Dazu, in Referenz zum schwülen „Southern Gothic“: „Hand of God“ von Nick Cave & Warren Ellis, hörbar gewidmet Wollnys großem Vorbild und der „Hand Gottes“, Joachim Kühn. Dazu „Beat the Drum Slowly“ der Band Timber Timbre, einem Dauer-Favoriten Wollnys und „Ghosts“ von der Band Japan - einer klingenden Verkörperung genau der Themen, die das Album „Ghosts“ prägen: Melodien und Klänge als Heimsuchungen verdrängter Erinnerungen, verführerisch, anrührend, geheimnisvoll und tiefgründig. Zwei Original-Kompositionen reihen sich mühelos in die so heterogene wie schlüssige Playlist ein: Wollnys gleichnamiger Beitrag zur „Hauntology“, für ihn „ein Lied ohne Worte aus einer anderen, vergangenen oder seltsamen, parallelen Pop-Welt“ und „Monsters Never Breathe“ mit seiner sich ins Unendliche ziehenden Melodie, die sich nur singen ließe, ohne Luft zu holen.

“All the songs are living ghosts and long for a living voice“ schreibt Brendan Kennelly in einem seiner bekanntesten Gedichte – für Michael Wollny eine hintersinnige und abgründige Einsicht, die seine Faszination für die Magie der Lieder um eine schaurig-schöne Pointe ergänzt und deshalb wie als Motto über dieser Einspielung steht. Sprechen wir über Geister, dann schauen wir in das scheinbar Vergangene und rufen die Erinnerungen zurück in unser Leben. „Ghosts“ macht die Geister des Michael Wollny Trios hörbar.

Michael Wollny, Klavier
Tim Lefebvre, Bass
Eric Schaefer, Schlagzeug




Michael Wollny
gilt als einer der wichtigsten europäischen Jazzmusiker seiner Generation. Die Süddeutsche Zeitung nennt ihn einen Musiker, der „aus jeder nur erdenklichen Musik ein Erlebnis machen kann, das einem den Atem nimmt“, für die FAZ ist er der „vollkommene Klaviermeister“. Und er ist alles andere als ein typischer Jazzpianist. Seine Inspirationen kommen von Franz Schubert, Alban Berg oder Gustav Mahler, von Björk oder Kraftwerk, von japanischen Gangsterfilmen oder Horrorstories, sein Spiel ist so grenzenlos, wie seine Suche nach dem bisher Ungehörten. Seine Faszination entfaltet Wollny in den verschiedensten Formaten: solo am Klavier, im Duo mit so unterschiedlichen Musikern wie Heinz Sauer, Vincent Peirani, Tamar Halperin oder Konstantin Gropper, im Michael Wollny Trio, dem Quartett „Out Of Land“ und vielen weiteren Zusammenarbeiten mit Künstlern aus den unterschiedlichsten Richtungen der Musikwelt, wie Nils Landgren, Emile Parisien, dem Norwegian Wind Ensemble, Marius Neset, Leafcutter John oder Joachim Kühn.

Tim Lefebvre
Im Laufe seiner weitreichenden Karriere hat sich Tim Lefebvre den Ruf erworben, einer der innovativsten Bassisten der Welt zu sein. Der kreative Spielstil des aus Foxboo stammenden Musikers ist eine fesselnde Mischung aus Jazz-Improvisation, Rock-Untertönen und elektronischen Grooves, die auf über 150 Aufnahmen zu hören ist - von Grammy-prämierten Alben wie David Bowies Blackstar bis hin zu den Soundtracks von Filmklassikern wie The Departed. Von 2013 bis 2018 war Lefebvre Bassist des dynamischen Bluesrock-Ensembles Tedeschi Trucks Band, und er ist auf deren drei jüngsten Veröffentlichungen Let Me Get By (2016), Live From The Fox Oakland (2017) und Signs (2019) zu hören. Bevor er sich der Gruppe anschloss, arbeitete er mit Künstlern wie Uri Caine, Chris Botti und Leni Stern zusammen. Der in Los Angeles lebende Lefebvre ist derzeit Bassist zahlreicher Gruppen, vor allem mit dem Jazz-Fusion-Gitarristen Wayne Krantz, der improvisierenden Free-Jazz-Gruppe Whose Hat Is This? und seinem Blackstar-Bandkollegen Donny McCaslin. Kürzlich trat er mit Chris Potter, Jon Batiste und Stay Human in der Late Show mit Stephen Colbert, Empire of the Sun, Carole King, Ben Platt, Knower und Matisyahu auf. Lefebvre ist auch der Produzent für eine Reihe von Projekten, darunter When It Falls (2018) der Singer-Songwriterin Rachel Eckroth, The Garden (2021) und XXXX von Wollny Parisien Lefebvre Lillinger.

Eric Schaefer
ist kein 0815 Schlagzeuger, keiner der im Hintergrund nur den Groove hält oder stupide mit den Besen rührt. Das ist ihm zu wenig. Sein Instrument ist gestaltbildendes Element. Schaefer ist vielmehr Schaffender, Aktiver und Kreativer. Damit ist er eines „der heimlichen Zentralgestirne in der […] deutschen Jazzszene“ wie Die Zeit schreibt. Die Süddeutsche Zeitung bezeichnet ihn als „Großstadtmusiker, der die Jazzwelt aus manchen Angeln hebt.“

Geboren 1976 in Frankfurt, ausgebildet in Köln und Berlin, ist Schaefer vor allem als Teil des vielfach preisgekrönten Michael Wollny Trios bekannt, aber auch mit seiner eigenen Band „The Shredz“.

Die Musik, Philosophie, Religion und Kultur Asiens, speziell Japans, fasziniert Eric Schaefer schon lange. Auf zahlreiche Studienreisen im fernen Osten blickt er zurück. Nun wurde diese Liebe erstmals auf Tonträger verewigt. Mit „Kyoto Mon Amour“ wagt er, begleitet von asiatischen Musikern, den Brückenschlag zwischen westlicher und japanischer Musik.

Von Hardcore-Punk bis Milles Davis, von Weltmusik bis Richard Wagner – all das ist bei Eric Schaefer kein Wiederspruch. „Musiker wie […] Eric Schaefer […] führen die Improvisation als Rückgrat ihrer Musik mit kompromissloser Vitalität in völlig verschiedene Richtungen wie freie Improvisationen und klassische Komposition, Punk und vielfältige Folklore, neue Musik oder Minimal Music, Pop und Elektronik“, schreibt die Neue Züricher Zeitung über den vielschichten wie tiefgründigen Schlagzeuger. In welcher Konstellation auch immer: Schaefer prägt diese Bands mit seiner persönlichen Handschrift, seinen Kompositionen und seinem wandlungsfähigen, extrem farbenreichen und markant-eigenwilligen Spiel. Etwa 50 veröffentlichte Tonträger als Bandleader, Komponist und Sideman hat er bereits auf seinem Konto. Gäbe es einen Nobel-Preis für Schlagzeug, wäre Eric Schaefer laut Rolling Stone ein ganz heißer Kandidat dafür.



Booklet für Ghosts

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